2. Durch diese Aufgabe ist mir das äußere Organ gegeben, denn dies ist die ideale Ansicht der Beschränkung. Es liegt in jener //171//
unserer Aufgabe der Begrenzung mit drin und muss ihr zufolge gesetzt
werden. Darauf kommts an, alles aus dem Centro zu erklären; wir müssen
zeigen, dass es der Ansicht des Dogmatikers nicht bedarf.
Nota.
- Habe ich was verschlafen? Warum 'in mir die Aufgabe' wäre, mich zu
begrenzen, verstehe ich immer noch nicht, auch wenn es wiederholt wird. -
Um überhaupt wollen zu können, muss ich dieses oder jenes wollen, das
ist klar. Wozu dann der ganze Aufwand? Führt er noch mehr im Schilde?
Dies muss man auch
mal sagen: Wenn ein Ergebnis gesichert ist, würde es nicht dadurch falsch, dass
es in der Konsequenz zu einer dogmatischen Ansicht führte. Man hätte
dann Anlass, dem Ergebnis zu misstrauen und sich die Herleitung noch
einmal genauer anzusehen. Jedoch "an Worten ist nichts gelegen", und
dieses dürfte unseren Verstand nicht ins Bockshorn jagen.
JE
JE
2.
Nota bene, es ist nur die Rede von Wirkung des Freien auf das Freie. (Dass man das äußere Organ auch [als] von einem Äußern abhängend ansehen muss, ist wieder nur eine andere Ansicht des äußern Organs, vide infra.) Das innere Organ ist Seele, das äußere Leib; beides ist Ich, nur in verschiedner Ansicht. Seele entsteht, wenn ich mich durch die Form der inneren Anschauung versinnliche; der Leib [entsteht] durch Versinnlichung der äußern und der innern Anschauung zugleich,
Das höchste Beschränkende ist der Begriff, durch ihn kommt Anschauung in meine ganze Welt. Auf dem praktischen Standpunkte ist das Erste der ursprüngliche reine Wille. Dieser außert sich durch Zweckbegriffe, nicht durch die, die wir oben gar nicht erklären konnten, sondern durch Zweckbegriffe, die schlechthin sind, als erstes absolut Aufgedrungenes; dieser Begriff (ein νοουμενον) wird sinnlich realisiert als inneres und äußerliches Organ und als Sinnenwelt, und so kommt der transzendentale Philosoph auf den Boden, er [dieser Zweckbegriff] muss aus absoluten Begriffen erklärt werden, die keinen anderen erklärenden [Begriff] voraussetzen. Diese sind Zweckbegriffe, die aber doch als objektiv erscheinen müssen.
Nota.
- Das äußere Organ muss für die Reflexion
da sein; das ist es nur, inwiefern ich es hemme aufgrund eines
Begriffs, den mein Wille mir gibt. Das höchste, was meine Reflexion
beschränkt, ist der Begriff. Durch den Begriff kommt Anschauung in meine
Welt: so ist es für die Reflexion alias ideale Tätigkeit. Vom
Standpunkt der realen Tätigkeit ist es umgekehrt, dort geht der Begriff
aus der Anschauung hervor, die ihrerseits erst durch ihn diese wird.
Neu ist: dass der reine
Wille durch Zweckbegriffe beschränkt wird, die "schlechthin " da sind
und aus nichts Höherem (oder Früherem) hergleitet werden können. Das
will er uns im Folgenden offenbar erklären. Seine bisherigen Erklärungen
zur ursprünglichen Selbstbegrenzung meines reinen Willens haben ihm
selber nicht gereicht. Die Spannung steigt.
JE
Denn dass ich diesen Begriff fassen soll, das //172//
liegt in meinem Wesen. Dies zu sagen ist klarer Unsinn, wenigstens
erbaulich aufgestellt. Dieser Begriff entsteht bloß, in sofern ich ihn
mache, er dringt sich mir auf heißt: mein Wesen ist Aufgabe, ihn zu
machen, sobald ich reflektiere; dies aber muss ich tun, wenn ich
Bewusstsein haben soll! -
Die Beschränktheit, von der geredet worden, ist eine, die ich mir selbst zufüge infolge eines ursprünglich in mir enthaltenden Begriffs; es wäre demnach ein Anfang zu machen, die Geschichte des entstehenden Bewusstseins zu beschreiben.
Ich reflektiere (auf mich), nach dem Bestimmungsgrunde; der Form nach ist nicht zu fragen, weil sie mit Freiheit geschieht, oder: Über den Anfangspunkt können wir nicht Rechenschaft geben. Ich muss aber eine Beschränktheit meiner selbst auffassen, in der die Aufgabe liegt, mich selbst zu beschränken; dieser Begriff ist die innere Bedingung der Reflexion. Warum aber Y und nicht -Y gefasst wird, darüber kann nicht die Frage entstehen, weil dies seinen Grund in der Freiheit hat. Der ursprüngliche Zustand des beschränkten empirischen Ichs ist, dass sein Wille nachgebildet werde.
Die Beschränktheit, von der geredet worden, ist eine, die ich mir selbst zufüge infolge eines ursprünglich in mir enthaltenden Begriffs; es wäre demnach ein Anfang zu machen, die Geschichte des entstehenden Bewusstseins zu beschreiben.
Ich reflektiere (auf mich), nach dem Bestimmungsgrunde; der Form nach ist nicht zu fragen, weil sie mit Freiheit geschieht, oder: Über den Anfangspunkt können wir nicht Rechenschaft geben. Ich muss aber eine Beschränktheit meiner selbst auffassen, in der die Aufgabe liegt, mich selbst zu beschränken; dieser Begriff ist die innere Bedingung der Reflexion. Warum aber Y und nicht -Y gefasst wird, darüber kann nicht die Frage entstehen, weil dies seinen Grund in der Freiheit hat. Der ursprüngliche Zustand des beschränkten empirischen Ichs ist, dass sein Wille nachgebildet werde.
Nota.-
Um auf 'mich-selbst' reflektieren zu können, muss ich mich als
beschränkt - begrenzt, endlich - auffassen, denn auf ein
Unbeschränktes, Unendliches kann nicht refektiert werden - das
impliziert die Vorstellung vom Reflektieren selbst; alle weiteren
Ausführungen darüber sind mehr oder weniger tautologisch.
Ob ich reflektiere, liegt freilich in meiner freien Willkür; doch wenn ich Bewusstsein erlangen soll - dass es erlangt wird, war aber der faktische Ausgangspunkt der Wissenschaftslehre -, dann muss ich reflektieren.
Ob ich reflektiere, liegt freilich in meiner freien Willkür; doch wenn ich Bewusstsein erlangen soll - dass es erlangt wird, war aber der faktische Ausgangspunkt der Wissenschaftslehre -, dann muss ich reflektieren.
- Stelle ich mir das alles zu einfach vor? Anders hat aber der Satz, mein "Wesen" sei eine Aufgabe - bzw. nur als Aufgabe aufgefasst hätte ich ein 'Wesen' - keinen Sinn.
JE
JE
§ 15 [Zusammenfassung]
Aber die Beschränktheit ist nicht Beschränktheit des Ich und ist nicht für das Ich, wenn nicht das Ich selbst sie zufügt. Sonach kann die ursprüngliche Beschränktheit des Willens nichts anderes bedeuten, als eine Aufgabe für das Ich, seinen Willen selbst zu beschränken, und die besondere Ankündigung dieser Aufgabe im empirischen Bewusstsein kann nichts anderes sein als ein Begriff, durch welchen eine bestimmte Selbstbeschränkung gefordert wird, durch dessen Auffassung erst Gefühl und Anschauung entsteht. Alles Bewusstsein geht sonach vom Denken eines lediglich Intelligiblen aus.
Nota.
Wir sind noch lange nicht am Ziel. Denn jetzt müssen wir herausfinden,
woher besagter 'Begriff' kommt und was es heißen soll, dass erst 'durch
seine Auffassung' Gefühl und Anschaunng entstehen, und zwar notabene
im "empirischen Bewusstsein".
Immerhin sind wir von der Vorstellung erlöst, dass hinter (über, unter) dem Ich ein vorbestimmtes Wesen stünde,welches es nur noch aus- und durchzuführen hätte.
JE
Immerhin sind wir von der Vorstellung erlöst, dass hinter (über, unter) dem Ich ein vorbestimmtes Wesen stünde,welches es nur noch aus- und durchzuführen hätte.
JE
§ 17
Unsere Aufgabe ist längst die: die Bedingungen des Bewusstseins nach den schon bekannten Regeln zusammen zu setzen und das Bewusstsein vor unseren Augen gleichsam zu konstruieren, nur nicht wie der Geometer tut, der sich um die Frage, woher die Fähigkeit, Linien zu ziehen und Raum, herkomme, nicht bekümmert, dieser setzt schon Wissenschaftslehre voraus.
Denn die Wissenschaftslehre muss das, womit sie //179// verfährt, sich selbst erkämpfen, und in dieser Rücksicht hat das System bestimmt zwei Teile. Bis dahin, wo gezeigt wurde, reiner Wille ist das wahre Objekt des Bewusstseins, wurde ausgemittelt, womit verfahren werden sollte. Von da ging der andere Teil an. Wir konstruieren nun wirklich - wir haben nun Feld und Boden gewonnen und nun ein Verfahren zu schildern und anzuwenden. Wir setzen so zusammen:
Anfangs hatten wir bloße Erkenntnis als Anfangspunkt des Bewusstseins, dann setzten wir hinzu, dass diese nicht ohne ein Wollen möglich sei, i. e. nicht ohne etwas, das [von] dem Vernunftwesen als Wollen gesetzt wird, das nur Erscheinung sei. So ist demnach an das Erstgeschilderte etwas angeknüpft; wir müssen auch eine immer fortfließende Reihe des Bewusstseins beschreiben.
Was ist denn nun eigentlich das Objekt, das außer uns angenommen werden soll? Hier ist zuerst die Rede von einen Herausgehen aus uns selbst; hier muss streng deduziert werden; den schon angefallenen Punkt müssen wir da näher bestimmen, was in der beschriebenen Erkenntnis für ein Objekt außer uns enthalten ist?
Nota I.
- 'Zuerst' verfährt die Wissenschaftslehre analytisch, sie sucht:
Von dem Bewusstsein, das sie (historisch) vorfindet, geht sie zurück
auf dessen als notwendig eingesehenen Voraussetzungen. So gelangt sie
zur Annah- me eines reinen Wollens als dem An-sich des Bewusstseins. Von da an verfährt sie synthetisch: Sie konstruiert, sie re konstruiert
– nämlich 'wie aus dem Wollen wirkliche Objekte außer uns
entstehen'. Aus dem Kreis des Be- wusstseins tritt sie nirgends heraus.
Nota II.
-
Dies ist die richtige Stelle für eine Zäsur. Der transzendentale Sprung
des 'reinen' Ich rückwärts vom vernünftigen Individuum zum Glied einer
vernünftigen Reihe ist die entscheidende Klippe, die zu meistern war. Es
ist auch die richtige Stelle, um zu erinnern: Es gilt darzustellen, wie
das Bewusstsein des Vernunftwe- sens für sich wird, denn nur so wird es.
Was in der Rekonstruktion als Voraussetzung erscheint, war in der
Analy- se Resultat. Es findet eine ständige Verkehrung der Perspektive
statt.
JE
1)
Ich fand in dieser Erkenntnis unter anderem mich selbst als bestimmbar durch Freiheit. Diese Bestimmbarkeit meiner selbst oder Aufforderung zum freien Handeln ist genommen für ganz einerlei. Meine Individualität geht heraus aus der Masse der ganzen Vrnunft; daraus geht wieder hervor eine Tätigkeit in einem Momente, diese Individualität erscheint als Aufforderung zum freien Handeln, die Individualität wird mir gegeben durch diese Aufforderung.
Individualität = der Aufforderung zum freien Handeln.
Ist dies wahr? Was heißt Aufforderung zur Freiheit? Es ist ein Begriff, der, wenn er Kausalität hätte, eine Handlung des freien Wollens hervorbrächte. Es wird ins Verhältnis gesetzt Begriff und Handlung des freien Wesens, in das Verhältnis der Dependenz, so dass Ersterer die Handlung veranlassen soll; dies ist aber möglich, daher haben wir es hypothetisch gestellt.
Sieht man darauf, dass es ein anderes Individuum sei, so ist dies //180// ein Begriff jenes Individuums, gehend auf das Aufgeforderte; es ist ein Begriff, in welchem dieses Letztere mit liegt. Dieser Begriff soll nicht Kausalität haben, denn sonst wäre es mechanische Bestimmung; aber hypothetisch wird es gedacht.
(Dergleichen Begriffe, in denen eine Kategorie angewendet wird und auch nicht, werden wir mehrere bekommen. Die Kategorie wird bloß angewendet, um die Sache denken zu können. So hier: Die Regel, mit einem Gesetzten etwas Entgegengesetztes zu denken, ist kausal, aber das hier Entgegengesetzte ist frei, und in sofern findet der Begriff der Kausalität nicht statt; aber könnte er stattfinden, so würde es so oder so sein. Die Regel eines solchen Denkens wird bloß angegeben.)
Die Aufforderung würde der Realgrund einer freien Entschließung sein, sie würde zwischen dem Bestimmbaren und dem Bestimmten das zwischeninnenliegende Bestimmende sein; letztere [?] heißt bloße Möglichkeit eines Bestimmens, nicht der Grund, dass sie erfolge oder nicht. Sie ist bloß die allgemeinen Sphäre, aus der die Bestimmtheit hervorgehen kann - in der Aufforderung soll nicht der entscheidende Grund, sondern bloß der Erklärungsgrund sein. -
In der Aufforderung wird etwas gesetzt, was in der bloßen Bestimmbarkeit nicht gesetzt wird; sonach bestätigt es sich nicht, dass die Aufforderung und die Bestimmbarkeit eins sei. Aber wir setzen hinzu: Diese Bestimmbarkeit solle nur als Bestimmbarkeit gesetzt werden und als nichts anderes. Und nur unter dieser Bedingung sei es möglich, dass im Bewusstsein weiter gar nichts vorkomme als dieses; dass dadurch das ganze Bewusstsein gefüllt sei. Dass nur unter dieser Bedingung die Bestimmbarkeit mit der Aufforderung eins sei, ergibt sich.
Nota.
-
Das ist ein Eiertanz. Er wird nur notwendig, weil er versucht, eine
lebendige Vorstellung in tote Begriffe zu fassen. Was eine Aufforderung
ist im Unterschied zu einem Vorschlag, einer Einladung, einem Angebot,
einer Wahlmöglichkeit usw., weiß jeder.*
Es definitorisch in einen Begriff zu packen wird schwierig, wenn nicht
schon das offenbar vorausgesetzte spezifische Verhältnis von
Aufforderndem und Aufgefordertem mitgedacht wird, aber das ist nicht
logischer, sondern faktischer Natur:
Der Aufgeforderte hat
sich eben als Glied der Reihe entdeckt, aus der die Aufforderung an ihn
ergeht. Die Reihe ist ihm vorgegeben (posita); so die Aufforderung. Er kann sie nicht einfach nicht-befolgen, sondern müsste (und könnte) sie aus Freiheit aktiv verneinen; aber dafür bräuchte er einen Begriff = Zweck. Woher dieser?
Fichte hat selber gar
nicht so deutlich erkannt, dass er, da er doch die Dynamik des
Vorstellens beschreiben will, das nicht mit der Mechanik der Begriffe
tun kann. Er beklagt an mancher Stelle, dass "die Sprache fehlt", aber
doch versucht er immer wieder, aus Definitionen zu konstruieren, was
eigentlich nur im Bild angeschaut werden kann. (Die Begriffe kommen als Werkzeug der Kritik schon auch noch zu ihrem Recht.)
*) Aber schon, es in eine andere Sprache zu übersetzen, ist gar nicht leicht.
JE
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