S. 131 - 140

Meine Wirksamkeit dehnt sich nur durch den Widerstand in der Natur durch die Zeit aus. Ich trage in die Natur gleichsm hinein, weil sie sich //131// mir immer entgegenstemmt, welches Entgegenstemmen ich nur allmählig entfernen kann.

Mein Wille qualis talis ist frei; ich gebe ihn mir selbst; meine Kraft aber in der Sinnenwelt, wodurch ich z. B. einen Körper fortbewegen soll, soll etwas Gegebenes sein, weil sie als Objekt erscheint, und zwar nicht bloß als Objekt, sondern als SubjektObjekt.
 Nota I.
 - Das Ich setzt sich immer und immer wieder; nämlich wenn immer es sich so oder anders bestimmt hat, erscheint vor ihm ein Bestimmbares, in dem es sich fortbestimmen soll. Es "konstituiert" sich nicht irgendwann als ein Seiendes und ist fortan, sondern setzt und bestimmt sich immer wieder aufs Neue, es "ist" überhaupt nur ein Noumenon. 
Nota II.
- Hier ist erst von der 'Reihe' die Rede: vom Nacheinander, welches die Zeit stiftet; nicht aber von ihrer Dauer.
 JE

Die sinnliche Kraft in Beziehung auf unser Denken ist zuvörderst ein Begriff, der aber nicht entsteht durch Anschauung eines Objekts, sondern durch das Denken des Mannigfaltigen in einer gewissen Verbindung. Kraft ist daher ein synthetischer Begriff, sie wird nicht angeschaut, sondern gedacht. Wenn ich das Mannigfaltige des Gefühls, das zufolge des Wollens entstehen sollte, zusammenfasse, so bekomme ich den Begriff von Kraft. 

Er ist kein bloß sinnlicher und kein bloß intelligibler Begriff, sondern beides zum Teil. Der Stoff, die Willensbestimmung ist intelligibel, die Form aber, in welche meine Willensbestimmung fällt, die Zeit, ist sinnlich. Er ist die Brücke zwischen der intelligiblen und sinnlichen Welt, das, wodurch das Ich aus sich heraus und zu einer Sinnenwelt übergeht. 

Durch ihn stellt sich das Ich als Objekt vor sich selbst hin und knüpft sein Bewusstsein an eine objektive Welt. So werde ich mir zu einem Objekte, zu einem Gegenstande der Wahrnehmung, und an dies Objektive knüpft sich mir eine Sinnenwelt an, von da geht alle Ansicht der Welt aus. Darin lag der Fehler aller bisherigen Philosophen, dass man diese Erkenntnis als übersinnlich ansah - da doch unser Bewusstsein von der Wirklichkeit anhebt.


Nach Kant gehört dieser Begriff unter die Noumene, diese Stelle gebührt ihm völlig, in wiefern er nicht eine Objekt der äußerenAnschauung bedeutet; in wiefern er ein Begriff, d. i. lediglich durchs Denken hervorgebracht ist. In der intelligiblen Welt liegt er nach Kant nicht; darin liegt nur die Freiheit. Das ist richtig, nur ist Kant über diesen Punkt nicht bestimmt genug.

Nach Fichte gibts Begriffe dreifacher Art;

A) Begriffe von sinnlichen Anschauungen //132//
B) intelligible Begriffe (der Wille allein)
C) solche, die zwischen beiden in der Mitte liegen (Begriff der Kraft.)

Bei Kant fallen B und C zusammen, weil er den Unterschied zwischen der sinnlichen und intelligiblen Welt nicht genau angab.

Nota.
 - Das ist ja eine höchst zweideutige Formulierung: "es gibt Begriffe...". Begriffe 'gibt es' nicht, sie müssen schon (jedes Mal neu) gedacht werden. Insofern 'gibt es' allerdings auch keine sinnliche und keine intelligible Welt: Auch die müssen immer erst vorgestellt werden.
Hier nun sollen wir uns vorstellen, dass der Begriff der Kraft die sinnliche und die intelligible Welt verbindet - dann liegt es wohl auf der Hand, dass er zwischen beiden liegt. Aber doch wohl als einziger! Oder 'verbinden' noch andere Begriffe Intelligibles und Sinnliches? Mehr wäre hier weniger.

Im gemeinsamen Name Kraft für die Wirksamkeit des Wollens und für die Wirkungen in der Physik ist lediglich ausgedrückt, dass die Menschen in ihrem frühesten animistisschen Bewusstsein sich die Veränderungen in ihrer Umwelt samt und sonders als Handlungen beseelter Wesen vorgestellt haben. Jünger ist die Vorstellung vom Menschenwillen als einem Abbild physikalischer Gesetzmäßigkeit - wie bei Spinoza, Fichtes Dogmatiker par excellence.
Demgegenüber rückt F. die genetische Abfolge lediglich wieder in die richtige Reihe: Der Mensch stellt sich die Welt nach seinem Bild vor, nicht sich nach ihrem. Feuerbach sollte diese Einsicht auf Gott ausweiten.
JE

4. Nun soll durch die Anschauung eines Quantums von Kraft der Ort des Objekts im Raume bestimmt werden (voriger Paragraph).

Zuvörderst wird für die Möglichkeit eines solchen Messens vorausgesetzt der Gedanke der Fortbewegung im Raume durch absolute Selbsttätigkeit, also der Begriff der physischen Kraft. Ohne ihn ist nichts Bewegliches, denn dadurch entsteht erst das Mannigfaltige, das in der Linie liegen soll.

Wir sehen hier noch bestimmter, was für ein Tun des Ich es ist, dessen Schema nach dem Obigen beschrieben wurde. Das bloße Handeln ist eine absolute Selbstbestimmung, aber wenn man ihm eine bestimmte Richtung gibt, versinn- licht man es.

Zwischem sinnlichem Tun und schematischen ist Wechselwirkung; weil das Tun schematisiert wird, drum ist es sinnlich, und weil es sinnlich ist, drum wird es schematisiert. Der Hauptpunkt, von dem die Wechselwirkung ausgeht, ist die Vereinigung der idealen und realen Tätigkeit durch das Gefühl in einem endlichen Wesen. Durch das Gefühl kündigt sich unsere Endlichkeit an. Die ideale Tätigkeit der Einbildungskraft ist es, durch welches das Intelligible die Ansicht für uns erhält, die es hat.
Nota.
 - Das Gefühl ist, wie wir längst wissen, der Ausgangspunkt aller Vorstellung. Es entsteht aus realer Tätigkeit und begründet ideale Tätigkeit. Worin besteht die ideale Tätigkeit? Im Schematisieren der realen. Es ist das Begreifen, das durch die Anschauung gegangen ist. Schema ist nichts anderes als Begriff.
JE
//133// Beim Messen bin ich der Voraussetzung nach selbst im Raume (ich fühle mich selbst als in den Raum hineinschauend), breite mich im Raume aus, kann gewissermaßen sage: Ich fühle den Raum, in dem ich bin, unmittelbar, ich habe also das ursprüngliche Maß im Selbstgefühle.

Denke ich mich nun in einer bestimmten Richtung in den Raum hinein, so setze ich mich zum zweiten, dritten Male und so fort in den Raum: Ich verdoppele, verdreifache und so fort in den Raum mich selbst, und so kommt nach und nach die Linie zustande von mir aus zum Objekt, dessen Entfernung von mir ich wissen will. 

Dazu gehört nun, dass Sukzession möglich sei und dass das sukzedierende Mannigfaltige Eins sei; außerdem würde ich mich nicht verdoppeln, sondern würde, wenn ich mich in die zweite Stelle setzte, die erste verlieren. Dies ist nur möglich dadurch, dass das Mannigfaltige in das Verhältnis der Dependenz gesetz werde. Unser Verfahren beim Zählen kann die Sache deutlicher machen. Z. B. wenn ich 3 zähle, so setze ich 1 und 1 und 1, indem ich nun die zweite setze, nehme ich die erste hinzu pp.

Die natürtliche Art, sich im Raume fortzubewegen, ist das Fortschreiten. Durch einen jeglichen Schritt werfe ich meinen ganzen Leib in den zunächstliegenden Raum. Durch halbe Schritte (Schleichen) komme ich nur zum Teil in den nächstliegenden Raum; durch größere (Sprünge) überspringe ich den zunächstliegenden Raum. Daher das Ver- fahren in der Philosophie, wo man die Mittelglieder auslässt, Sprünge, hiatos genannt werden. Allein diese beiden letzen Schritte sind keine natürlichen. Daher das ursprüngliche Maß bei den Völkern, die Schritte. Durch die unglei- che Größe der Menschen wurde man genötigt, künstlich objektive Maße zu finden.
Nota I.
- Wir sind hier beim Leib und bei leibhaftigen Schritten; der Begriff ist das Schema auch, nämlich zuerst der empirischen Begebenheiten.
Nota II.
 - Hat er nun gesagt, der Mensch sei das Maß aller Dinge? - Nicht ganz so; aber darauf läuft es hinaus.
JE

Dieses Sukzessive fällt in die Zeit, und jedes neue Setzen meiner selbst fällt auch abermals in die Zeit. Das Sukzessive und die Zeit, in der es folgen würde, werden zusammengefasst und nur das Formelle, nicht das Materielle aufgefasst; und dadurch wird es möglich, eine Zeit zu denken. Zeit und Moment verhalten sich wie Bestimmbares zu Bestimmtem.

//134// 5) Wir haben gesehen, dass physische Kraft und alles, was durch sie und wodurch sie bedingt wird, nur gesetzt werden kann zufolge eines Gefühls, also nur im wirklichen Handeln, was uns erscheint.

Bei dieser Schätzung wird immer vorausgesetzt der Begriff der physischen Kraft, und diesen bekommen wir nur, inwiefern unser Wille Kausalität haben soll, inwiefern man wirklich handelt.

Der Fortgang zum Ziele heißt Handeln, das Handeln erscheint nur, das ist; es ist nur wie es ist im der aufgezeigten Form der Anschauung.

Wenn man das Intelligible (das einzig Intelligible ist unsre Selbstbestimmung, die keine Zeitfolge kennt, weil sie kein Mannigfaltiges ist, das sukzedieren kann) das An sich nennen wollte, so ist es nicht so. An sich handeln und sind wir nicht in der Zeit, denn der Wille ist kein Mannigfaltiges. Aber ich bin sinnlich, ich muss durch die Gesetze der Anschauung hindurchgehen, und sonach lässt sich aus dem Intelligiblen allein nicht viel machen.

Die physische Kraft ist für uns nur zufolge eines physischen Handelns da. Nun sollen die Dinge im Raume geordnet werden zufolge des Begriffs unserer physischen Kraft. Sonach ist das Ordnen der Dinge im Raume - und da wir dies als Bedingung des Bewusstseins aufgezeigt haben, alles Bewusstsein - nur möglich im Bewusstsein der wirklichen Erfahrung des wirklichen Handelns. - (Alle Abstraktion bezieht sich auf Erfahrung und ist ohne sie gar nicht.)
Nota.
 - Auch dies wieder nichts Neues: Das ideale Handeln wird überhaupt nur möglich als Anschauung eines Gefühls, das wiederum nur infolge eines Widerstands gegen das reale Handeln eintreten konnte. Aus dem In- telligiblen allein lässt sich nicht viel machen.
JE

§12 [Zusammenfassung]

Unser Streben oder unser praktisches Handeln ist nach dem vorigen Paragraphen der Maßstab aller Raumbestimmung. Innere oder reine Kraft ist die unmittelbar und also intellektuell angeschaute Wirksamkeit des Wollens, durch welche das ganze freie Vermögen des Ich sich auf einen Punkt richtet. Äußere oder physische Kraft ist eben diese Energie, von der sinnlichen Anschauung durch eine Zeitreihe ausgedehnt, in welcher das Mannigfaltige des durch Kausalität des
//135// Wollens bestimmten Gefühlsvermögens in das Verhältnis der Dependenz gebracht wird, durch welches Verhältnis allein es in die Einheit des Bewussseins aufgenommen werden kann; aber eine solche physische Kraft kann nur in einer realen Wirksankeit gesetzt werden, folglich ist die Ortsbestimmung der Dinge und daher das Bewusstsein selber nur zufolge einer reellen Wirksamkeit möglich.

Nota.
 -  Die physische Kraft unterscheidet sich von der reinen (Willens-) Kraft schon allein dadurch, dass sie in der Vorstellung in die Zeit und ipso facto in den Raum ausgedehnt wird. 
JE

§ 13

Im vorigen Paragraphen ist vom Begriff der Zeit geredet worden, dieser soll hier erklärt werden. 

Die Aufgabe, die bei der Auflösung der Zeit entsteht, ist die: das Mannigfaltige des Gefühls zu vereinigen. Diese Vereinigung geschieht so, dass das Mannigfaltige abgeleitet werde von der Willensbestimmung und auf sie bezogen werde.

Aber die Gefühle erscheinen doch als etwas Mannigfaltiges, Diskretes, welches in eine Zeit oder in eine Zeitreihe fällt, in welcher das Gefühl und das Gefühlte folgen sollen. Und so entstünden zwei Zeiten: eine Zeit an sich, und eine Zeit, in welcher das Mannigfaltige folgen sollte. Die Gefühle fallen schon von sich in die Zeit, und hernach nimmt man sie in die Zeit auf. -

Wir müssen die Sache scharf nehmen, um diese zwei Zeiten zu vermeiden.

Ich bin überhaupt beschränkt, diese Beschränktheit macht mein Wesen aus (meinen Einen und ungeteilten Zustand in alle Ewigkeit, wenn Ewigkeit heißt: Negation der Zeit) und über diese darf nicht weiter gefragt werden, dies ist meine erste Beschränktheit. Nun wird aber von einer Veränderung der Beschränktheit geredet. Ich bin beschränkt im Auffassen meines Zustandes, dass ich nur diskrete Quanta auffassen kann, über diese Beschränktheit kann ebenfalls nicht weiter gefragt werden, z. B. ich kann nur durch die fünf Sinne auffassen, und mit jedem Sinn nur, was ihm zukommt. Dies ist die Beschränktheit im Auffassen meines Zustandes (Mein ganzes Bewusstsein ist nur ein Nach-und-Nach-Entstehen und An- //136//bauen, es ist nur eine Analyse dessen, was schon da ist, so gewiss ich da bin). (Ist einmal das Auffasssen nicht möglich, so entsteht ein Staunen, welches der Grund des Erhabenen ist.)

Der Grund, dass ich nur diskrete Größen auffassen kann, liegt ganz in mir. Man kann nur sagen: So ist es, so finden wir uns, a priori kann der Philosoph nichts hierüber ausmachen. Er kann nur sagen: Wenn es nicht so wäre, so könnte ich kein Bewusstsein setzen.

Von den diskreten Auseinanderliegenden hängt der Begriff der Zeit ab.Wenn ich aber ein Einzelnes, wieder eins und so fort auffasse, so entsteht für mich noch kein Mannigfaltiges; denn ich bin für mich nicht eins; ich denke x, y, z. Dann bin ich erst x, dann y, dann z. So wenig nun x, y, z ein Gemeinschaftliches haben, so wenig hat das Bewusstsein von x, y, z Gemeinschaft. 

Soll das Mannigfaltige dem Denken erscheinen als eine Reihe, so muss ganz Dasselbe mit dem mannigfaltigen Denken vereinigt sein durch alles Denken. In allem Denken muss das Eine vorkommen, ohne dasselbe muss kein Denken möglich sein. Dies ist nun die im vorigen Pragraphen beschriebene intellektuelle Anschauung des Wollens. Diese wird durch das ganze diskurive Denken hindurch wiederholt, diese ists, die in allen Momenten hindurchgedacht wird, hierauf gründet sich die Lehre vom Gedächtnisse. Ich sehe mich selbst in die Zeit hinein, ich bin nicht in der Zeit, inwieferen ich mich intellektualiter anschaue als mich selbst bestimmend.

Eigentlich ist die intellektuelle Anschauung nur Eine und in keiner Zeit, nur durchs diskursive Denken wird sie geteilt und fällt in die Zeit. Ich schaue mich an als wollend, da ist keine Zeit, kein vor oder nach; nur das Bedingte fällt in die Zeit; mein Wollen aber ist durch nichts bedingt.

Alles Denken ist in der Zeit; bei allem Denken dauert die Anschauung des Willens fort. Dieser Ausdruck ist nicht adäquat, aber er würde so [sic]: Indem ich die Anschauung auf das Mannigfaltige des Wollens beziehe, wird sie dauernd. Nur in dieser Rücksicht kann die Zeit Form der Anschauung heißen: Sie ist Form der intellektuellen Anschauung, die aber dadurch, dass sie in die Zeit aufgenommen wird, versinnlicht wird. Die Zeit ist also das Mittelglied zwischen dem Intelli-//137//giblen und Sinnlichen.

Wir bekommen sonach dreierlei Anschauungen:


a) sinnliche im Raum,

b) intelligible unseres Wollens,
c) solche, in welchem beides vereinigt ist, die Anschauung unseres Wollens in der Zeit.

Wir sehen jetzt klarer, was durch die Behauptung der intellektuellen Anschauung eigentlich behauptet wird. Es wir nicht behauptet, es könne ein Mensch bloß in der intellektuellen Anschauung sein. Der Mensch und jedes andere endlich Vernunftwesen ist sinnlich und in der Zeit. Die intellektuelle Anschauung ist das in allem Denken Bestimmbare, und muss gedacht werden als Grundlage alles Denkens. Sie lässt sich nur durch den Philosophen absondern, nicht aber im gemeinen Bewusstsein.
 

Nota. 
- Nicht: Sie muss gedacht werden, sondern sie muss gedacht werden, denn aktuell angeschaut werden kann sie nicht, sondern immer erst das, was in ihr angeschaut wird: das tätige Ich. Sie ist Noumenon, genauer gesagt: Hypostasis. 
Wenn man allerdings das tätige Ich erklären will, dann... muss sie gedacht werden.
JE

Was heißt: sich denken, sich etwas denken? Die Art, wodurch die Noumene zu Stande kommen, ist das 'sich denken'? Das Intelligible in das Sinnliche hineinsetzen als Vereinigungsgrund heißt: sich etwas denken. Das bloß Gedachte ist nicht in der Erfahrung, sondern wird erst durch das Erfahrende heineingetragen; daher heißt es a priori in der Bedeutung, wie Kant dies Wort nimmt.

A priori und a posteriori kann zweierlei heißen: A) Entweder es ist vom ganzen System des Bewusstseins die Rede; dies kann betrachtet werden als gegeben, wie es im gemeinen Bewusstseint vorkommt, und dann heißt es a posteriori; wird es vom Philosophen abgeleitet, heißt es a priori in der weitesten Bedeutung. 

B) Oder a posteriori heißt, was zufolge eines Gefühls der reinen* Anschauung vorkommt, und dann heißt  a priori das, was durch denken in das Mannigfaltige der Gefühle hineingetragen wird, um das Mannigfaltige zu vereinigen. Kant hat die Form des Denkens in diesem Verfahren richtig geschildert, aber das Materiale, woher es kommt, fehlt.
*) [kann auch heißen: innern]  

Über das Verhältnis der verschiednen Zeitmomente zueinander vide Grundriss des Eigentümlichen der Wissenschaftslehre, p. 195 etc.


//138// Wie ist das Bewusstsein möglich? ist unsere Hauptfrage. Alles Bewusstsein ist unmittelbar Bewusstsein unseres Handelns, und alles unmittelbare Bewusstsein ist Bedingung dieses Handelns. Dies ist die vorläufige Antwort, die wir bisher gegeben, aber noch nicht bestimmt haben. Das bisher Gesagte ist bloß Vorbereitung gewesen. 

Durch unsere bisherige Untersuchung haben wir gefunden: Bewusstsein des Handelns ist nur unter Bedingung der Freiheit möglich, dies unter Bedingung des Zweckbegriffs, dieser nur unter Bedingung des Erkenntnisses vom Objekte, dieses aber nur unter Bedingung des Handelns. Also

1. der Umfang unserer Untersuchung, von der äußeren Grenze des gesamten Bewusstseins aus, hat sich mir verengert, wir sind dem Mittelpunkte nähergekommen; wir sehen jetzt ein, in welchen Zirkel wir uns verwickelt haben, und durch das Aufzeigen dieses Zirkels werden wir weiter kommen.

Handeln ist nur unter Bedingung des Erkenntnisses vom Objekte möglich, letzteres aber ist nur möglich unter Bedingung des Handelns. Von der Einsicht in diesen Zirkel hängt die Einsicht in den kritischen Idealismus ab.

Es ist also nichts erklärt: Die Schwierigkeit, die Schwierigkeit [sic] dieses Erklärens kann nur durch die synthetische Vereinigung beider behoben werden, und dadurch kommen wir auf den Punkt, aus dem sich das Bewusstsein erklären lässt.

(Zum Vorteil der Methode wollen wir diesen Zirkel in einfacher Form aufstellen, ein Verfahren, das dem des Mathematikers ähnlich ist.)

Erkenntnis des Objekts bezieht sich auf ein Gefühl und wird gesetzt notwendig zufolge des Gefühls; statt Erkenntnis des Objekts können wird sonach Gefühl setzen. Zweckbegriff bezieht sich auf ein Handelns und wird hier betrachtet als Bedingung der Möglichkeit des Handelns; statt Zweckbegriff können wir also Handeln setzen, und unser Zirkel hieße: Kein Gefühl ohne Handeln, kein Handeln ohne Gefühl, und zwischen beiden ist eine notwendige Dependenz.
Nota. 
- Eine zirkuläre Definition ist ohne Inhalt. Sie ist eine Tautologie. A = A sagt gar nichts. Ein Inhalt entsteht, wo zwei prima facie Ungleiche einander gleichgesetzt werden - oder ein Identisches in Zweie unterschieden wird. Hier wird es nötig sein, zwei Identische in zwei Ungleiche zu scheiden - um sie hernach wieder zu vereinigen...
JE

2. Dieser Zirkel ließe sich nur so entfernen: dass das Verhältnis der Dependenz dazugedacht würde, so dass Gefühl und //139// Handeln in demselben Zustand vereinigt gedacht würden und dass beide integrierende Teiule desselben Ganzen ausmachen. 

Gefühl ist Beschränktheit, Handeln ist Freiheit; sonach müssten  Beschränktheit und Freiheit vereinigt werden: Eins dürfte nicht ohne das andre möglich sein. Wir müssten eine Freiheit aufzeigen, die nicht Freiheit wäre, wenn sie nicht beschränkt wäre, und eine Beschränkung, die nicht beschränkt würde, wenn sie nicht frei wäre. Es müsste ein X geben, in welchem beide vereinigt wären.

Wie soll nun Freiheit und Beschränkung vereinigt werden? Die Freiheit darf nicht aufgehoben werden, die Freiheit ist absolutes Übergehen vom Bestimmbaren zum Bestimmten. Darin darf ihre Beschränktheit nicht liegen, sie müsste darin liegen, dass die Bestimmbarkeit selbst ein endliches Quantum wäre, und zwar dass es keine Äußerung der Freiheit gäbe, ohne dass auf dieses Quantum reflektiert würde.

In dem unbekannten X liegt, dass die Freiheit beschränkt sein soll. Man denke sich ein auf irgendeine Weise tätiges Wesen; z. B. ein Stahlfeder, die gedrückt ist, sträubt sich gegen den Druck, dies ist Tätigkeit, aber nicht freie Tätigkeit, es ist in ihrer Natur, sie ist so bestimmt. Aber von einer solchen Bestimmtheit des Vernunftwe- sens kann nicht die Rede sein. Es muss übergegangen werden durch Wahl. Das Übergehen von der Unbestimmtheit zur Bestimmtheit müsste ein Quantum sein für die Wahl durch Freiheit. Auch müsste ohne Reflektieren auf dieses Quantum keine Freiheit möglich sein. Wenn dies so wäre, so würde, da alle Beschränktheit sich durch ein Gefühl äußert, keine Wahl durch Freiheit möglich sein ohne ein Gefühl der Beschränktheit.

Es ist oben die Rede gewesen von der Beschränktheit überhaupt, die sich durch das Urgefühl (das Gefühl des ganzen Zustands) äußert, das System der Sensibilität. Dieses System würde selbstg ein Gefühl, und lediglich, inwieferen ich frei wäre.

Wir haben auch gesehen, dass dies Gefühl gesetzt wird als etwas im Raume, als unser Leib. Dies dürfte auch hier so sein; die Summe unserer Bestimmtheit wäre unser Leib. (Diese bestimmte Summe der Bestimmbarkeit wird sich, sinnlich be-//140//trachtet, zeigen als Individualität, und übersinnlich gedacht, als Sittengesetz!)
Nota.
- Wenn irgendwo bei Fichte ein ferner Anklang an den metaphysischen Leib-Seele-Dualismus zu finden ist, wäre es hier: Es ist der ursprüngliche Gegensatz von leiblicher Beschränktheit und der Grenzenlosigkeit der Einbildungskraft.
JE

Dass es so sein müsste, geht aus unserer Synthesis hervor, denn nur so ist Bewusstsein möglich.

Eine Beschränktheit, die nicht ohne Freiheit möglich ist, ist Beschränktheit der Freiheit selbst. Richtung und zwar ursprüngliche Richtung derselben ist ein Punkt. Dies passt aber nicht zu dem Begriff, den wir gegenwärtig von der Freiheit aufgestellt haben. Wir müssen den Begriff der Freiheit schärfer fassen, als bisher nötig war. Bisher haben wir gesagt: Freiheit ist ein absolutes Übergehen von Bestimmbarkeit zur Bestimmtheit. Aber schon im Paragraph 1 haben wir gesehen, dass dies Bedingung der Anschauung durch ideale Tätigkeit sei. Sonach liegt in unserem Begriff noch etwas Fremdartiges, die Form der Anschauung.

Da wir hier nun die Freiheit vor aller Anschauung und als Bedingung aller Möglichkeit des Bewusstsein und der Anschauung aufstellen wollen, so müssen wir dies erst durch das Bewusstsein hinzugekommene Fremdartige absondern; und sonach bleibt nichts übrig als Absolutheit. Aber Absolutheit lässt sich nicht einmal denken, wenn wir nicht etwas Empirisches hinzutun, das aber der Reinheit keinen Abbruch tut, nämlich die Reihe der Dependenz in der Zeit, und Freiheit wäre das Vermögen, absolut anzufangen.

Wir dürfen nicht die Freiheit an die Reihe, sondern die Reihe an die Freiheit knüpfen. So haben wir ein ab solutes Erstes, die Freiheit anzufangen.

(Die Definition der Freiheit, zwischen dem eigennützigen und uneigennützigen Triebe zu wählen, ist falsch, wenn Freiheit rein gedacht werden soll. Vide Kants Metaphysische Anfänge der Rechtslehre.) 

Diese Freiheit soll bestimmt sein, eine Richtung haben, würde heißen: Das Vermögen, absolut anzufangen, hat eine bestimmte Richtung. Die Freiheit kann gerade dies (ein bestimmtes Y) als erstes Glied setzen; so bleibt das Vermögen des absoluten Anfangs und die Beschränktheit.
Nota.
- Das Absolute kann nicht gedacht werden, denn gedacht werden kann nur Bestimmtes; wäre es aber bestimmt, wäre es nicht absolut. Gedacht werden kann allenfalls, was es selbst bestimmt hat: die von ihm begonnene Kausalreihe. Nicht als Bestimmtes, doch auch nicht als Bestimmendes kann es gedacht werden - sondern nur als das, was vor dem Beginn der Reihe angenommen werden muss. Ein Akt der Freiheit kann, wie gesagt, nicht begriffen werden.
JE

Die Beschränktheit ist, dass nur Y erstes Glied sein kann, aber sie kann sich nur richten an das Vermögen, absolut frei anzufangen. Es muss also eine Bestimmtheit sein, die nur zur Freiheit passt. 

Oben wurde gesagt, soll Freiheit Freiheit //141// bleiben, so kann die Bestimmtheit nicht vorgeschrieben sein. Aber hier ist ja die Beschränktheit selbst als Resultat der Beschränktheit angegeben worden. Dies scheint sich zu wider- sprechen, aber es widerspricht sich nicht, denn die Bestimmbarkeit ist gesetzt als Quantum, nun lässt sich aber ein Quantum nicht denken, ohne dass etws über ihm Hinausliegendes noch angenommen würde, und in dieser Rücksicht wäre das Bestimmbare bestimmt. Das, was gegenwärtig das Bestimmte genannt wird, kann in anderer Rücksicht auch das Bestimmbare sein.

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